G-BA News Service 20.07.2023 | Brunswick Group

G-BA News Service 20.07.2023

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Arzneimittel

Trastuzumab-Deruxtecan in zwei neuen Anwendungsgebieten: beträchtlicher Zusatznutzen bei Brustkrebs, kein Zusatznutzen bei Adenokarzinom

Die Wirkstoffkombination Trastuzumab-Deruxtecan [Handelsname: Enhertu®; Hersteller: Daiichi Sankyo] ist in zwei neuen Anwendungsgebieten zugelassen.

(1) Monotherapie zur Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs, die bereits ein vorhergehendes Trastuzumab-basiertes Therapieschema erhalten haben.

(2) Monotherapie zur Behandlung von Erwachsenen mit inoperablem oder metastasiertem HER2-low-Brustkrebs, die bereits eine Chemotherapie in der metastasierten Situation erhalten haben oder bei denen während oder innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der adjuvanten Chemotherapie ein Rezidiv aufgetreten ist. 

Im ersten Anwendungsgebiet (Adenokarziom) sieht der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Die Daten waren aus verschiedenen Gründen (u.a. einarmige Studie, nicht korrekte Umsetzung der zweckmäßigen Vergleichstherapie) für eine Nutzenbewertung ungeeignet.

Im zweiten Anwendungsgebiet (Mammakarzinom) sieht der G-BA hingegen einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Dieser gründet insbesondere auf deutlichen Vorteilen beim Gesamtüberleben sowie Vorteilen bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Gleichzeitig zeigten sich keine Nachteile (aber auch keine Vorteile) bei den Nebenwirkungen.

Beschluss / Tragende Gründe (Adenokarzinom)

Beschluss / Tragende Gründe (Mammakarzinom)

 

Ibrutinib bei CLL: Zusatznutzen nicht belegt

Der Wirkstoff Ibrutinib [Handelsname: Imbruvica®; Hersteller: Janssen-Cilag] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL). In der Bewertung unterschied der G-BA zwischen Patienten, die nicht für eine FCR-Therapie (Fludarabin in Kombination mit Cyclophosphamid und Rituximab) geeignet sind, sowie solchen, für die eine FCR-Therapie infrage kommt. Für letztere Gruppe lagen keine geeigneten Daten vor. Für die Patienten, die nicht für eine FCR-Therapie geeignet sind, konnte der G-BA zwar vergleichende Daten heranziehen. Jedoch fanden sich in keiner der bewertungsrelevanten Kategorien Mortalität, Morbidität, gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie Nebenwirkungen statistisch signifikante Vor- oder Nachteile, aus denen ein Zusatznutzen hätte abgeleitet werden können. Im Ergebnis sieht der G-BA den Zusatznutzen für beide Patientengruppen als nicht belegt an.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Spesolimab zur Schubbehandlung bei generalisierter pustulöser Psoriasis: Zusatznutzen nicht belegt

Der Wirkstoff Spesolimab [Handelsname: Spevigo®; Hersteller: Boehringer Ingelheim Pharma] ist zugelassen als Monotherapie zur Behandlung von Schüben bei Erwachsenen mit generalisierter pustulöser Psoriasis (einer Unterform der Schuppenflechte charakterisiert durch eitrige Pusteln). Einen Zusatznutzen sieht der G-BA als nicht belegt, da die zugrundeliegenden Daten für eine Bewertung nicht geeignet waren. So war zum einen die Vergleichsphase mit acht Tagen Dauer zu kurz (ein Schub dauert in der Regel eine bis vier Wochen). Zum anderen erachtete der G-BA die Schub-Behandlung für Patienten in der Vergleichsgruppe als nicht adäquat, was zu Ergebnisverzerrungen geführt haben könnte.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Aut-idem: Neue Gruppen austauschbarer Darreichungsformen

Der G-BA hat eine Reihe von Wirkstoffen in die Anlage VII Teil A der Arzneimittel-Richtlinie neu aufgenommen (aut-idem-Regelung). Die Beschlüsse betreffen austauschbare Darreichungsformen für folgende Wirkstoffe: Alfentanil, Dexketoprofen, Ganirelix, Hydromorphon, Midazolam, Oxycodon sowie Roflumilast.

 

Schutzimpfung: STIKO-Empfehlungen zu COVID-19- und Pneumokokken-Impfung aufgenommen

Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) hat im Mai aktualisierte Impf-Empfehlungen zur COVID-19-Impfung (Epidemiologisches Bulletin 21/2023) sowie zum Einsatz von Pneumokokken-Konjugatimpfstoffen (Epidemiologisches Bulletin 20/2023) veröffentlicht. Der G-BA hat beide Empfehlungen nun in die Schutzimpfungs-Richtlinie aufgenommen.

 

Regadenoson: Beschluss zur Nutzenbewertung aufgehoben

Der G-BA hat den Beschluss vom 15. August 2019 zur Nutzenbewertung des Wirkstoffs Regadenoson [Handelsname: Rapiscan®; Hersteller: GE Healthcare Buchler] im Anwendungsgebiet zur Messung der fraktionellen Flussreserve aufgehoben. Hintergrund ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. Februar 2023 (sogenanntes Solisten-Urteil), wonach es sich bei diesem Wirkstoff im konkreten Anwendungsgebiet um einen „Solisten“ handele und der G-BA hier keine zweckmäßige Vergleichstherapie hätte benennen bzw. den Wirkstoff im Rahmen des §35a SGB V nicht hätte bewerten dürfen. Ungeachtet zwischenzeitlich erfolgter gesetzlicher Anpassungen ist der ursprüngliche G-BA-Beschluss nach dem Urteil des BSG rechtswidrig und musste daher aufgehoben werden.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Anwendungsbegleitende Datenerhebung: Keine AbD bei zu wenigen Patienten

Der G-BA hat sich gegen eine anwendungsbegleitende Datenerhebung (AbD) für den Wirkstoff Brexucabtagen Autoleucel [Handelsname: Tecartus®, Hersteller: Gilead Sciences] im Anwendungsbereich zur Behandlung der rezidivierten oder refraktären B-Zell-Vorläufer akuten lymphatischen Leukämie ausgesprochen. Der Beschluss zur Einstellung des bisherigen Verfahrens für eine AbD ist das Ergebnis einer intensiven Prüfung und begründet sich vor allem durch die zu geringe Patientenanzahl. Vor diesem Hintergrund sei keine Realisierung von zusätzlichen Studiendaten in einem vernünftigen Zeitraum zu erwarten. Als Konsequenz aus diesem Einstellungsbeschluss hat der G-BA auch den Beschluss zur Verordnungseinschränkung aufgehoben.

Beschluss / Tragende Gründe

Beschluss / Tragende Gründe (Aufhebung Verordnungseinschränkung)

 

In einem anderen Anwendungsgebiet von Brexucabtagen Autoleucel, der Behandlung des Mantelzellkarzinoms, treibt der G-BA die AbD hingegen weiter voran. So hat der G-BA heute das überarbeitete Studienprotokoll und den statistischen Analyseplan des Herstellers freigegeben.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Mit Blick auf die Diskussion zur Nicht-Durchführung einer AbD bei Brexucabtagen Autoleucel in der Leukämiebehandlung ist der G-BA für einen weiteren neuen Wirkstoff zur Entscheidung gekommen, kein AbD-Verfahren zu starten. Für den Wirkstoff Elranatamab in der Behandlung des rezidivierten oder refraktären multiplen Myeloms nach mindestens drei Vortherapien hatte der GKV-Spitzenverband gefordert, eine AbD zu initiieren. Die übrigen Bänke sowie die Unparteiischen Mitglieder votierten jedoch gegen die Aufnahme eines AbD-Verfahrens, da auch hier zweifelhaft sei, inwiefern eine AbD in einem angemessenen Zeitraum zusätzliche Evidenz für eine Nutzenbewertung liefern könne. Auch in diesem Fall ist die Zahl der erwarteten Patienten sehr gering.

 

Disease Management Programme

Asthma DMP aktualisiert

Der G-BA hat seine Anforderungen an die Diagnostik und Behandlung im Disease-Management-Programm (DMP) Asthma bronchiale aktualisiert. Grundlage war die Auswertung neuer Leitlinienempfehlungen durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Hintergründe zu den vorgenommenen Aktualisierungen finden Sie in der Pressemitteilung des G-BA.

 

Qualitätssicherung

G-BA lehnt Länder-Antrag zur Wiederaufnahme der Beratung zu Mindestmengen der Perinatalzentren ab

Die Bundesländer hatten beantragt, dass der G-BA das Beratungsverfahren zu Mindestmengenregelungen für Perinatalzentren Level 1 ab 2024 wieder aufnimmt. Wenigstens sollten die ab 2024 geplanten Regelungen zu den Mindestmengen pausiert werden. Die Länder stützten sich bei ihrem Antrag auch auf einen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, der ebenfalls eine Neubewertung forderte. Die Länder befürchten durch die ab 2024 geltenden Mindestmengen von 25 Fällen pro Jahr, dass eine flächendeckende Versorgung gefährdet würde, da viele Perinatalstationen diese jährliche Mindestmenge nicht erreichen und in der Folge schließen müssten bzw. keine Frühchenversorgung mehr anbieten könnten. Dem entgegen steht laut Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, die Verantwortung gegenüber den Kindern. Mindestmengen sollen die Behandlungsqualität und damit die Überlebenschancen der Frühgeborenen unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht verbessern – was durch die vorhandene Evidenz eindeutig belegt sei. Im Gegenteil: würde man den Daten folgen, müssten die Mindestmengen sogar noch höher (50 Fälle pro Jahr) angelegt sein, so Hecken. Zudem bedeuteten die Mindestmengen nicht, dass alle Stationen, die diese Zahlen heute nicht erfüllen, schließen müssten. Stattdessen würden nur einige schließen, während andere durch die zusätzlichen Fälle der anderen Stationen die Mindestmengen erreichen würden. Nach intensiver Debatte lehnte der G-BA mit acht Stimmen gegen die fünf Stimmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft den Antrags der Länder auf Wiederaufnahme der Beratungen ab.

 

Veranlasste Leistungen

Zugang zu außerklinischer Intensivpflege erleichtert

Der G-BA hat seine Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege geändert, um beispielsweise für beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten eine kontinuierliche Versorgung zu ermöglichen. Der G-BA will damit möglichen Engpässen entgegenwirken, wenn ab dem 31. Oktober 2023 nach dem Willen des Gesetzgebers diese speziellen Leistungen zwingend nur noch nach der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI) verordnet werden können. Konkret hat der G-BA die Vorschrift zur Erhebung des sogenannten Entwöhnungspotenzials zeitlich befristet gelockert. Zudem erweitert er dauerhaft den Kreis verordnender und potenzialerhebender Ärztinnen und Ärzte. Anlass für beide Schritte waren Hinweise aus der Versorgung, dass es zu wenige berechtigte Ärztinnen und Ärzte geben könnte.

Ausführliche Informationen und Hintergründe zum Beschluss finden Sie in der Pressemitteilung des G-BA.

 

Methodenbewertung

Erprobungsrichtlinie zur magnetischen Ösophagus-Sphinkter-Augmentation bei Gastroösophagealer Refluxkrankheit

Der G-BA hat mit Beschluss vom 18. März 2022 das Beratungsverfahren über eine Richtlinie zur Erprobung der magnetischen Ösophagus-Sphinkter-Augmentation zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Gastroösophagealer Refluxkrankheit, die für eine laparoskopischen Fundoplicatio geeignet sind, eingeleitet. In der heute beschlossenen Erprobungs-Richtlinie legte der G-BA die Eckpunkte für eine Studie fest, mit der die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens einer neuen Untersuchung oder Behandlung gewonnen werden sollen. Hersteller, die an der Umsetzung und Finanzierung der Studie interessiert sind, können sich nun beim G-BA melden.

Übersicht zum Verfahren

 

Ihre Ansprechpartner Hubert Kümper, Nina Jungcurt und Sascha Müller.

 

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