G-BA News Service 20.04.2023 | Brunswick Group

G-BA News Service 20.04.2023

Der gesamte Newsletter steht hier zum Download zur Verfügung.

 

Arzneimittel

Ravulizumab bei Myasthenia gravis: Zusatznutzen nicht belegt

Der Wirkstoff Ravulizumab [Handelsname: Ultomiris®, Hersteller: Alexion Pharma Germany] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen als Zusatztherapie zu einer Standardbehandlung bei erwachsenen Aztylcholinrezeptor-Antikörper-positiven Patientinnen und Patienten mit generalisierter Myasthenia gravis. Der G-BA beurteilte die vorgelegten Daten als nicht verwertbar für eine Nutzenbewertung. Vorgelegt wurden neben den Ergebnissen der Placebo-kontrollierten Zulassungsstudie Daten aus einem indirekten, adjustierten Vergleich gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (zVT) Eculizumab. Diesen Vergleich hat der G-BA aufgrund zu unterschiedlicher Studienpopulationen jedoch nicht für eine Bewertung berücksichtigt. Im Ergebnis sieht der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Da der G-BA die zVT im laufenden Verfahren geändert hatte, wurde der Beschluss zum 1. November 2023 befristet. Der Hersteller hat damit die Gelegenheit, ein auf die geänderte zVT angepasstes Dossier einzureichen.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofoviralafenamid zur HIV-Therapie bei Kindern: Zusatznutzen nicht belegt

Die Wirkstoffkombination Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofoviralafenamid [Handelsname: Genvoya®, Hersteller: Gilead Sciences] ist einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur Behandlung einer Infektion mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) 1 bei Erwachsenen sowie Kindern ab zwei Jahren und mit einem Körpergewicht von mindestens 14 Kilogramm. Bei dem HI-Virus dürfen keine Mutationen nachweisbar sein, die bekanntermaßen mit Resistenzen gegen die Klasse der Integrase-Inhibitoren, Emtricitabin oder Tenofovir verbundenen sind. Im Fokus der Bewertung stand die Anwendung bei Kindern zwischen zwei und unter sechs Jahren. Der Hersteller hatte keine vergleichenden Daten vorgelegt, sondern lediglich Ergebnisse einer einarmigen Zulassungsstudie. Ein Evidenztransfer von Daten aus der Erwachsenenpopulation wurde nicht durchgeführt. Im Ergebnis gilt ein Zusatznutzen als nicht belegt.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Olaparib bei gynäkologischen Tumoren: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen in Neubewertung nach Fristablauf

Der Wirkstoff Olaparib [Handelsname: Lynparza®, Hersteller: AstraZeneca] ist in Kombination mit Bevacizumab zugelassen als Erhaltungstherapie von Erwachsenen mit fortgeschrittenem (FIGO-Stadien III und IV) high-grade epithelialen Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primären Peritonealkarzinom, die nach einer abgeschlossenen Platin-basierten Erstlinien-Chemotherapie in Kombination mit Bevacizumab ein Ansprechen (vollständig oder partiell) haben und deren Tumor mit einem positiven Status der homologen Rekombinations-Defizienz (HRD) assoziiert ist. Der Status HRD-positiv ist definiert entweder durch eine BRCA1/2-Mutation und/oder genomische Instabilität.

Es handelt sich um eine erneute Nutzenbewertung nach Ablauf der Befristung. Im ursprünglichen Beschluss vom 3. Juni 2021 hatte der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt angesehen. Auf Basis neuerer Daten sieht der G-BA nun einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber der zVT Bevacizumab Monotherapie. Dieser gründet im Wesentlichen auf einem deutlichen Vorteil im Endpunkt Gesamtüberleben. In der Endpunktkategorie Morbidität hatten sich weder Vor- noch Nachteile gegenüber der zVT gezeigt. Dasselbe gilt für die Kategorie der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Hinsichtlich der Nebenwirkungen zeigten sich Nachteile für Olaparib, insbesondere in den Endpunkten Therapieabbruch aufgrund von unerwünschten Ereignissen (UE) sowie einiger spezifischer UE. In der Gesamtschau überwiegen aus Sicht das G-BA die deutlichen Vorteile beim Gesamtüberleben die Nachteile bei den Nebenwirkungen, sodass der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen ableitet.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Tixagevimab/Cilgavimab bei COVID-19: Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen

Die Wirkstoffkombination Tixagevimab/Cilgavimab [Handelsname: Evusheld®, Hersteller: AstraZeneca] ist zugelassen zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen (ab 12 Jahren mit mindestens 40 kg Körpergewicht), die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 besteht. Für die Teilpopulation erwachsener Patienten, die mit einer Virusvariante infiziert sind, gegenüber der Tixagevimab/Cilgavimab eine ausreichende Wirksamkeit zeigt, sieht der G-BA einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen. Dieser leitet sich aus Vorteilen in den Endpunkten Schwere der COVID-19 Erkrankung und Hospitalisierung aufgrund jeglicher Ursache ab. In den übrigen Endpunkten konnten keine Vor- oder Nachteile beobachtet werden. Für Patienten unter 18 Jahren lagen keine Daten vor. Für diese gilt der Zusatznutzen als nicht belegt. Außerdem betrachtete der G-BA die Patientenpopulation von Erwachsenen, die mit einer Virusvariante infiziert sind, gegenüber der Tixagevimab/Cilgavimab keine ausreichende Wirksamkeit zeigt. Hier wurden ebenfalls keine Daten vorgelegt. Zudem liegt es bereits in der Natur der Sache, dass ein Zusatznutzen in dieser Gruppe höchst unwahrscheinlich ist. Die Unterscheidung war dennoch nötig, da mittlerweile überwiegend nur noch Virusvarianten zirkulieren, gegen die Tixagevimab/Cilgavimab nicht wirksam ist. Insofern ist es laut G-BA auch fraglich, ob es in Deutschland überhaupt noch Patienten gibt, für die diese Wirkstoffkombination eine geeignete Therapieoption darstellt.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Dalbavancin als Reserveantibiotikum von Nutzenbewertung befreit

Der Wirkstoff Dalbavancin ist zugelassen zur Behandlung akuter bakterieller Haut- und Weichgewebeinfektionen bei Erwachsenen und Kindern ab 3 Monaten. Der Wirkstoff ist als Reserveantibiotikum eingestuft. Vor diesem Hintergrund hat der G-BA den Hersteller nun von der Pflicht zur Vorlage eines Nutzendossiers befreit. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung, wonach Reserveantibiotika qua ihres Status nicht dem Prozess der frühen Nutzenbewertung unterliegen.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Verschiedenes

Aud-idem: Der G-BA hat für den Wirkstoff Cyanocobalamin (Vitamin B-12) die Darreichungsformen Filmtablette und überzogene Tablette in der aut-idem-Liste zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln in der Apotheke ergänzt.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Neue Festbetragsgruppe: Der G-BA hat eine neue Festbetragsgruppe der Stufe 1 (Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen) für Epinephrin (Adrenalin) gebildet.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Off-Label-Use: Der G-BA hat die Expertengruppe Off-Label-Use beauftragt, den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Anwendung von Rituximab bei schubförmig-remittierender Multipler Sklerose zu analysieren und zu bewerten. Diese Analyse dient in der Regel der Vorbereitung einer möglichen Regelung im Rahmen des Off-Label-Uses. Zwar gäbe es laut Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, bereits eine Reihe von zugelassenen Therapien bei Multipler Sklerose. Da aber viele Patienten nach wie vor mit Rituximab behandelt würden, solle nun einmal systematisch die vorhandene Evidenz ausgewertet werden.

Beschluss / Tragende Gründe

 

Methodenbewertung

Mutterschafts-Richtlinie: Hepatitis-B-Screening früher als bisher

Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge werden schwangere Frauen unter anderem auf eine Infektion mit Hepatitis B-Virus untersucht. Im Rahmen eines Beratungsverfahrens hat sich eine Mehrheit der Expertinnen und Experten dafür ausgesprochen, das Hepatitis-B-Screening deutlich früher, bereits zu Beginn der Schwangerschaft durchzuführen. Ein Grund dafür ist, dass durch ein frühzeitiges Erkennen und Therapieren Schaden vom ungeborenen Kind abgewendet werden könne. Der G-BA hat diese Änderungen in der Mutterschafts-Richtlinie nun umgesetzt.

 

Veranlasste Leistungen

Hilfsmittelversorgung auf dem Prüfstand – Fokus liegt auf Kindern und Jugendlichen

Menschen mit schweren, komplexen oder mehrfachen Behinderungen sind oft auf viele unterschiedliche und individuell angepasste Hilfsmittel angewiesen: wie beispielsweise Sitzhilfen, Orthesen, Gehhilfen oder Kommunikationshilfen. Das Feststellen des Bedarfs, die ärztliche Verordnung und der Genehmigungsprozess sind hier sehr anspruchsvoll und zeitintensiv. Vor allem für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern können damit verbundene Verzögerungen eine erhebliche Belastung darstellen. Denn gerade bei Heranwachsenden können sich die Bedarfe schnell ändern, was wiederum eine häufige Antragstellung auslöst. Mit dem Ziel, die Versorgungsprozesse im Sinne der Betroffenen zu optimieren, hat G-BA heute auf Antrag der Patientenvertretung beschlossen, Beratungen zur Überprüfung der Hilfsmittel-Richtlinie aufzunehmen.

Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des zuständigen beratenden Gremiums: „Unser Ziel ist es, das aufwändige Verfahren zur Verordnung für Menschen mit komplexen Behinderungen zu verkürzen und zu vereinfachen. Hilfsmittel sollen bei einer Behinderung eine ausgleichende Unterstützung sein, um die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern und ihre Selbstständigkeit erhöhen. Derzeit gibt es bei der bedarfsgerechten Versorgung Defizite, vor allem bei der Prüf- und Genehmigungspraxis, die von den Betroffenen als aufwändig und nicht zielführend erlebt wird. Gemeinsames Ziel der Beratungen ist daher eine Erleichterung für die Betroffenen, vor allem für Kinder und Jugendliche.“

Ausführliche Informationen zum Beschluss und weiteren Verfahren finden Sie in der Pressemitteilung des G-BA.

 

Ihre Ansprechpartner Hubert Kümper, Nina Jungcurt und Sascha Müller.

 

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