G-BA News Service 16.05.2024 | Brunswick Group

G-BA News Service 16.05.2024

Der gesamte Newsletter steht hier zum Download zur Verfügung.

 

Arzneimittel

Trastuzumab-Deruxtecan bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom: Zusatznutzen nicht belegt

Der Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan [Handelsname: Enhertu®, Hersteller: Daiichi Sankyo Deutschland] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen als Monotherapie zur Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem NSCLC, deren Tumoren eine aktivierende HER2(ERBB2)-Mutation aufweisen und die nach einer platinbasierten Chemotherapie mit oder ohne Immuntherapie eine systemische Therapie benötigen.

Aus den vorgelegten Daten konnte der G-BA keinen Zusatznutzen ableiten.

 

Neubewertung von Tebentafusp bei uvealem Melanom: Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen

Der Wirkstoff Tebentafusp [Handelsname: Kimmtrak®, Hersteller: Immunocore Ireland] ist als Orphan Drug zugelassen zur Behandlung des metastasierten uvealen Melanoms (bösartiger Tumor des Auges). Die Neubewertung erfolgt aufgrund des Überschreitens der 30-Millionen-Euro-Umsatzschwelle. In der initialen Bewertung vom Oktober 2022 hatte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen gesehen.

Der G-BA konnte für das Orphan Drug auf Basis einer noch laufenden, randomisierten, multizentrischen Studie auch im Vergleich gegenüber einer Therapie nach ärztlicher Maßgabe einen beträchtlichen Zusatznutzen feststellen. Ausschlaggebend für die Bestätigung des festgestellten Zusatznutzens aus dem Jahr 2022 ist ein deutlicher positiver Effekt für die Dauer des Überlebens, der für die Patientinnen und Patienten in einer fortgeschrittenen palliativen Behandlungssituation auch gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie gezeigt wird.

 

Neubewertung von Daratumumab bei multiplem Myelom: Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen

Der Wirkstoff Daratumumab [Handelsname: Darzalex®, Hersteller: Janssen-Cilag] ist zugelassen in Kombination mit Bortezomib, Melphalan und Prednison für die Behandlung Erwachsener mit neu diagnostiziertem Multiplen Myelom, die für eine autologe Stammzelltransplantation nicht geeignet sind. Es handelt sich um eine Neubewertung nach Fristablauf. In der Bewertung aus dem Jahr 2019 hatte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen gesehen.

Für das Gesamtüberleben zeigt sich in der Metaanalyse ein statistisch signifikanter Unterschied zum Vorteil der Daratumumab-Kombination, dessen Ausmaß insgesamt als deutliche Verlängerung der Überlebensdauer gewertet wird. Der G-BA sieht einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen.

 

Weitere Informationen gibt es im Beschlusstext & den Tragenden Gründen.

 

Neubewertung von Patisiran bei hATTR-Amyloidose: geringerer Nutzen im Vergleich zur zVT

Der Wirkstoff Patisiran [Handelsname: Onpattro®, Hersteller: Alnylam Germany] ist als Orphan Drug zugelassen zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) bei Erwachsenen mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2. Es handelt sich um eine Neubewertung nach Überschreiten der 30-Millionen-Euro-Umsatzschwelle. In der initialen Bewertung im Jahr 2018 hat der G-BA einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie Tafamidis gesehen.

Zwischenzeitlich hat der Hersteller mit dem Wirkstoff Vutrisiran eine weitere Therapie gegen hATTR-Amyloidose auf den Markt gebracht. Vutrisiran konnte gegenüber Patisiran einen geringen Zusatznutzen nachweisen. Gleichzeitig ist Vutrisiran neben Tafamidis (bei Polyneuropathie Stadium 1) nun die zweckmäßige Vergleichstherapie in der Neubewertung von Patisiran.

Für die erneute Nutzenbewertung legte der pharmazeutische Unternehmer eine Studie vor, in der Patisiran gegenüber dem seit 2022 zur Verfügung stehenden Wirkstoff Vutrisiran, der die zweckmäßige Vergleichstherapie darstellt, verglichen wird. Da sich in der Kategorie Nebenwirkungen deutliche Unterschiede zum Nachteil von Patisiran zeigten, stufte der G-BA den Zusatznutzen im Verhältnis zu Vutrisiran als „geringerer Nutzen“ ein.

 

Relugolix/Estradiol/Norethisteronacetat im neuen Anwendungsgebiet: Endometriose: Zusatznutzen nicht belegt

Die Wirkstoffkombination Relugolix/Estradiol/Norethisteronacetat [Handelsname: Ryeqo®, Hersteller: Gedeon Richter Pharma] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur symptomatischen Behandlung der Endometriose bei Frauen im gebärfähigen Alter mit vorausgegangener medikamentöser oder chirurgischer Behandlung ihrer Endometriose.

Aus den vorgelegten Daten konnte der G-BA keinen Zusatznutzen ableiten.

 

Vosoritid bei Achondroplasie bei Kindern ab 4 Monaten bis 2 Jahren: Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen

Der Wirkstoff Vosoritid [Handelsname: Voxzogo®, Hersteller: BioMarin] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur Behandlung von Achondroplasie (genetisch bedingter Kleinwuchs) bei Kindern im Alter von 4 Monaten bis zwei Jahren, bei denen die Epiphysen noch nicht geschlossen sind. Vosoritid hat den Status als Orphan Drug, hat aber im zuerst zugelassenen Anwendungsgebiet (Kinder ab Jahren) die Umsatzschwelle bereits überschritten, sodass auch die Anwendungserweiterung einem regulären Bewertungsverfahren unterliegt.

Der G-BA konnte auf Basis der Studienergebnisse keine statistisch signifikanten Unterschiede von Vosoritid im Vergleich zu BSC erkennen. Aufgrund der vergleichbaren Pathophysiologie der Erkrankung über das gesamte Kindesalter sowie der medizinischen Rationale werden jedoch auch die Ergebnisse der älteren Patienten berücksichtigt und eine Übertragung der Evidenz vorgenommen. Für Patienten konnte dort ein statistisch signifikanter Vorteil beim Endpunkt „Körpergröße“ für Vosoritid gegenüber der zVT gezeigt werden. So ergibt sich ein Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.

 

Cannabidiol Neubewertung bei Tuberöser Sklerose, Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom: Zusatznutzen nicht belegt

Der Wirkstoff Cannabidiol [Handelsname: Epidyolex®, Hersteller: Jazz Pharmaceuticals] hat die Umsatzschwelle für Orphan Drugs überschritten und wurde in den drei zugelassenen Anwendungsgebieten neu bewertet:

  • Zusatztherapie zur Behandlung von Krampfanfällen im Zusammenhang mit dem Dravet-Syndrom in Verbindung mit Clobazam bei Patientinnen und Patienten ab 2 Jahren. Bewertung 2020: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
  • Zusatztherapie zur Behandlung von Krampfanfällen im Zusammenhang mit dem Lennox-Gastaut-Syndrom in Verbindung mit Clobazam bei Patientinnen und Patienten ab 2 Jahren. Bewertung 2020: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
  • Zusatztherapie zur Behandlung von Krampfanfällen im Zusammenhang mit Tuberöser Sklerose bei Patientinnen und Patienten ab 2 Jahren. Bewertung 2021: Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.

Grundlage der nun abgeschlossenen erneuten Nutzenbewertung waren Studien des Herstellers, in denen Cannabidiol gegenüber Placebo und unverändert fortgesetzter antiepileptischer Behandlung verglichen wurde – statt gegenüber der vom G-BA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie, einer patientenindividuellen Therapie unter Auswahl von verschiedenen Wirkstoffen. In der Gesamtschau waren die vorgelegten Daten für die Bewertung des Zusatznutzens nicht geeignet, da diese keine Optimierung der antiepileptischen Behandlung vorsahen, so dass der G-BA den Zusatznutzen vor diesem Hintergrund als „nicht belegt“ einstufte.

 

Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in erweiterten Anwendungsgebieten der zystischen Fibrose: (1) Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen in einem der neuen Anwendungsgebiete

Die Wirkstoffkombination Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor [Handelsname: Kaftrio®, Hersteller: Vertex Pharmaceuticals] ist bereits für zahlreiche Anwendungsgebiete der zystischen Fibrose zugelassen. Nun kommen weitere hinzu, für die der G-BA heute seine Nutzenbewertung abgeschlossen hat:

Behandlung von Kindern mit zystischer Fibrose im Alter von 2 bis ≤ 5 Jahren,

  • die homozygot für die F508del-Mutation im CFTR-Gen sind,

Der G-BA sieht hier einen Anhaltspunkt auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen. (Beschlusstext & Tragende Gründe)

  • die heterozygot für die F508del-Mutation im CFTR-Gen sind und auf dem zweiten Allel eine Gating-Mutation aufweisen,

Der G-BA sieht hier einen Zusatznutzen als nicht belegt. (Beschlusstext & Tragende Gründe)

  • die heterozygot für die F508del-Mutation im CFTR-Gen sind und auf dem zweiten Allel eine RF-Mutation aufweisen,

Der G-BA sieht hier einen Zusatznutzen als nicht belegt. (Beschlusstext & Tragende Gründe)

  • die heterozygot für die F508del-Mutation im CFTR-Gen sind und auf dem zweiten Allel eine Mutation aufweisen, die nicht den MF-, RF- oder Gating-Mutationen zuzuordnen ist oder bei denen die Mutation auf dem zweiten Allel unbekannt ist.

Der G-BA sieht hier einen Zusatznutzen als nicht belegt. (Beschlusstext & Tragende Gründe)

 

Verschiedenes

Off-Label-Use für Sorafenib bei Desmoidtumoren

Der G-BA folgt der Empfehlung der Expertengruppe für einen Off-Label Einsatz zu Sorafenib zur Behandlung von Desmoidtumoren/Fibromatosen vom Desmoidtyp. Desmoidtumoren (auch als aggressive Fibromatosen bezeichnet) sind gutartige, lokal oft aggressiv in das Gewebe wachsende Weichgewebstumoren.

 

Aktualisierung von Festbetragsgruppen

Der G-BA hat zwei Festbetragsgruppen aktualisiert:

Festbetragsgruppe Mebeverin, Gruppe 1, in Stufe 1 (Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen).

Kombinationen von Angiotensin-II-Antagonisten mit Calciumkanalblockern und Hydrochlorothiazid, Gruppe 1, Stufe 3 (Arzneimittel mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung) in der Darreichungsform von Hartkapseln.

 

Aufhebung der Befristung für Dimethylfumarat

Der G-BA hat die Befristung zur Nutzenbewertung für den Wirkstoff Dimethylfumarat [Handelsname: Tecfidera®, Hesteller: Biogen], zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen ab 13 Jahren mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS), aufgehoben. Der ursprüngliche Beschluss vom 18. Januar (Bewertung: Zusatznutzen nicht belegt) war zunächst zum 1. Juli 2024 befristet.

 

Veranlasste Leistungen

Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf ergänzt

Der G-BA hat beschlossen „sonstige interstitielle Lungenkrankheiten mit Fibrose“ und „sonstige näher bezeichnete interstitielle Lungenkrankheiten“ in Anlage 2 zur Heilmittel-Richtlinie: Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf aufzunehmen.

 

Sporttherapie bei Depression: Beratungsverfahren eingestellt

Der G-BA hatte im vergangenen Jahr mit Beschluss vom 16. November 2023 ein Beratungsverfahren „Sporttherapie mit psychotherapeutischer Begleitung bei leichter bis mittelschwerer Depression“ eingeleitet. Zuvor hatte der Innovationsausschuss beim G-BA dem Projekt „STEP.De – Sporttherapie bei Depression“ positive Effekte attestiert und dem G-BA die weitere Befassung für eine etwaige Überführung in die Regelversorgung empfohlen.

Mit Beschluss vom 22. März 2024 hat der Innovationsausschuss diese Empfehlung sowie die benannte Zuständigkeit des G-BA wieder aufgehoben, nachdem ein Nachtrag des Projektträgers die Ergebnisse des Projektes in Frage stellte und damit die Grundlage für das Verfahren entfiel. In der Konsequenz hat der G-BA nun das bereits begonnene Beratungsverfahren wieder eingestellt.

 

Ihre Ansprechpartner Hubert Kümper, Nina Jungcurt und Sascha Müller.

 

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