Corona als Qualitätstest für die Kommunikation
Eine „goldene Regel“ der Unternehmenskommunikation lautet: „Wenn du als Einziger ein Reputationsproblem hast, lege alle Fakten auf den Tisch und entwaffne Deine Kritiker durch Transparenz und Demut. Wenn aber alle das gleiche Problem haben, schwimme mit dem Strom, tue nichts Singuläres. So fällst du nicht auf“.
Spätestens seit Corona ist diese Weisheit, wenn sie denn jemals eine war, widerlegt. Denn dem Kunden, dem Mitarbeiter und auch dem Aktionär ist es in der gegenwärtigen Lage egal, wie „alle anderen“ sich verhalten. Seine Lieferkette, sein Job und sein Investment sind in der gegenwärtigen massiven Verunsicherung für ihn von so überragender Bedeutung, dass er sehr genau hinschaut, ob das Unternehmen, dem er vertraut, dieses Vertrauen auch verdient. Und viele haben diesen Test nicht bestanden. Sei es, dass sie offensichtlich unbegründeten Optimismus verbreiten („Wir sind umfassend vorbereitet“), sich auf Autoritäten berufen, die vermutlich auch nicht mehr wissen („Wir sind in ständigem Austausch mit den Behörden“), oder sei es, dass sie in entlarvender Weise zugeben, dass sie keinen Plan haben („Wir passen unsere Maßnahmen ständig der Lage an“).
Der einzige Weg zur Beibehaltung von Vertrauen ist schonungslose Ehrlichkeit darüber, was das Coronavirus für das eigene Unternehmen und dessen Stakeholder bedeutet. Das steht allerdings in Widerspruch zu dem starken Impuls vieler Manager, unter gar keinen Umständen einen Kontrollverlust zuzugeben oder Unsicherheit zu zeigen. Deshalb ist Corona ein Charaktertest - für den jeweils Verantwortlichen wie auch für die ihn umgebende Unternehmenskultur.
Im Kern geht es darum, Vertrauen zu gewinnen. Vertrauen hat drei Ursachen: Vorhersagen, die man gemacht hat, treten ein. Gemachte Versprechen werden gehalten. Und drittens: Man lebt selbst nach den Regeln, die man von anderen einfordert, und zwar auch dann, wenn man sich unbeobachtet fühlt.
Das Problem der Corona-Krise liegt in den ersten beiden Punkten, einfach deshalb, weil die Tatsachenbasis so unsicher ist. Das versteht und akzeptiert auch jeder, solange man als Krisenmanager nicht versucht, dieses Defizit durch Vermutungen oder leere Behauptungen zu überspielen.