Resiliente Unternehmensentscheidungen | Brunswick Group

Resiliente Unternehmensentscheidungen

Neue Anforderungen an das Risikomanagement von Unternehmen

Gegenwärtig werden Unternehmen mit Problemen aus scheinbar unkorrelierten Ecken des Risikouniversums konfrontiert. Aus diesem Grund ist gute Kommunikation im Risikomanagement besonders relevant: Die Stakeholder, insbesondere Aktionäre und Kunden, sollen verstehen, gegenüber welchen externen Ereignissen das Unternehmen resilient ist – und bei welchen nicht. Und welche Art von Vorkehrungen getroffen werden, um einen im Vorfeld definierten und kommunizierten „Risikoappetit“ nicht zu überschreiten.

Hier finden Sie den vollständigen Bericht zum Download

 

Mehr Fantasie im Risikomanagement! 

Zentrale Erkenntnisse:

Auf der jüngsten „Bankengipfel“-Konferenz in Frankfurt fand Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, deutliche Worte: „wir haben geglaubt, dauerhaft in einer Welt ohne größere Konflikte mit stetigem Wachstum und fortschreitender Globalisierung leben zu können“. Dies sei so nicht eingetreten. „Ein gutes Risikomanagement ist das Gebot der Stunde“, so Sewing (FAZ 8.9., S. 23).

Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen. Unternehmen in Deutschland, egal ob klein oder groß, leiden gegenwärtig unter massiven Disruptionen, die nicht mehr einzeln aufgezählt werden müssen. Die starke mediale Präsenz von „Krieg und Corona“ verdeckt teilweise das häufigere und schwerwiegendere Auftreten klimabedingter Naturkatastrophen wie etwa die monatelange Dürre in großen Teilen Deutschlands. Auch diese haben massive wirtschaftliche Folgewirkungen wie etwa die Transportprobleme auf dem Rhein als wichtiger Wasserstraße. Das gesunkene Vertrauen in die früher als „gesetzt“ geltenden Rahmenbedingungen schmälert unmittelbar die Planbarkeit unternehmerischer Handlungen. Mehr und mehr Betriebe sind dazu verurteilt „auf Sicht“ zu fahren, worunter nicht zuletzt das Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit leidet.

Auswirkungen für die Unternehmen:

Ganz neu ist das Problem jedoch nicht, wie man am Beispiel der Lieferkettenunterbrechungen sieht. Wenn heute der Ausfall von Kabelbäumen aus der Ukraine oder der Lieferstopp pharmazeutischer Rohstoffe aus China beklagt wird, wird oft vergessen, dass es zahlreiche Präzedenzen gibt. Beispiele? Die weltweite Computerindustrie litt 2011 unter einer regional sehr begrenzten Flutkatastrophe in Thailand. Ein signifikanter Teil der Welt-Festplattenproduktion fiel weg, die offenbar unbemerkt von allen Endgeräteherstellern in einem einzigen von der Flut betroffenen Industriegebiet konzentriert war. Oder denken wir an die Terrorangriffe vom 11. September 2001. Selbst die mit „paranoider Fantasie“ versehene Erst- und Rückversicherungswirtschaft wurde davon überrascht, dass aufgrund der Schließung des gesamten US-Luftraums für Passagierflugzeuge infolge der Angriffe die Betriebsunterbrechungsversicherungen sämtlicher Duty-Free Geschäfte in allen Flughäfen der USA ausgelöst wurden. Weitere Beispiele lassen sich leicht finden. Während jedoch früher gefühlt immer nur ein oder zwei derartige Probleme auftauchten, erleben wir heute ein Kumul – aus scheinbar unkorrelierten Ecken des Risikouniversums kombinieren und verstärken sich die Probleme.  

Nächste Schritte:

Die naheliegende Antwort für die Lieferketten lautet: Diversifikation und Flexibilität, um weniger von einzelnen Zulieferern abhängig zu sein. Natürlich geht das zu Lasten der „economies of scale“ und erhöht auch den Managementaufwand. Noch schwieriger wird es, die Abhängigkeit von Absatzmärkten zu reduzieren. Denn welches Unternehmen z.B. aus der Premium-Autoindustrie kann es sich leisten, den (hohen) Anteil chinesischer Käufer zu reduzieren, um seine Erträge im Falle einer denkbaren Taiwan-Krise auch nur einigermaßen zu stabilisieren? 

Gegen all dies lassen sich Vorkehrungen denken, im Fall der Abhängigkeit von großen Märkten bis hin zur bewussten Geschäftsaufgabe. Würde ein börsennotiertes Unternehmen sich das leisten können? Und wenn ja: wie lange würde es solche bewusst auf sich genommenen Opfer aufrechterhalten können, wenn der externe Druck erst einmal wieder nachgelassen hat? Gute Kommunikation entscheidet darüber, ob die Kapitalgeber akzeptieren.

Wie können wir beraten/helfen?

Die Lösung liegt in einer klaren geschäftlichen Überlegung, der bewussten Entscheidung für den jeweiligen Grad der Abhängigkeit mit allen seinen Folgen und einer guten Kommunikation. Erschwerend wirkt natürlich, dass die Akzeptanz dieser Maßnahmen, egal ob sie auf der Zulieferer- oder auf der Absatzseite wirken, unter einer Asymmetrie der Wirkung leidet. Die Verringerung einer einseitigen Abhängigkeit zeigt sich unmittelbar negativ bei Umsatz und Gewinn. Ein verringertes Abhängigkeits-Risiko jedoch lässt sich nicht vergleichbar rechnen, tritt die gefürchtete „nächste Krise“ doch vielleicht – und hoffentlich – gar nicht ein. Wie lässt sich die Überzeugung vermitteln, dass es sich bei Aufwendungen für eine größere Resilienz um „gute Investitionen“ und nicht um „schlechte Kosten“ handelt, genauso wie bei einer Versicherungspolice, die man hoffentlich nie benötigt?  

Die Antwort muss lauten: das Risiko zukünftiger Disruptionen muss quantitativ gerechnet werden. Als Folge eines verbesserten Risikomanagementsystems, welches die wirklich großen Risiken erfasst, auch diejenigen, die bis jetzt außerhalb der Risikoperspektive von Unternehmen lagen. Und die deshalb schnell als „schwarze Schwäne“ bezeichnet wurden, die angeblich niemand habe vorhersehen können und deren Folgen schicksalsergeben zu tragen seien. Dieses Denken ist, wie man jetzt sieht, gefährlich.

Unternehmen sollten versuchen, die wirklich großen Gefährdungsszenarien mit einer ökonomischen Kennziffer zu versehen, gerade auch diejenigen, die sich aus der globalen Vernetzung ergeben. Das wäre also z.B. auch die Verstopfung des Suezkanals durch ein Containerschiff, ein Kriegsausbruch um Taiwan, der Ausfall kritischer Infrastruktur durch einen Cyberangriff und ähnliches. Dabei muss niemand befürchten, Opfer einer völlig uferlosen Fülle von Szenarien ausgesetzt zu sein. Denn Risiko ist ja nicht mehr als das Produkt von Schadenseintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß, wenn ersteres groß und letzteres sehr klein ist, kann man es auch wieder ausklammern. Aber eben als Ergebnis eines transparenten, zahlenbasierten Verfahrens, nicht als „Bauchentscheidung“.

Für die Aktionäre und Kunden wäre eine solche Vorgehensweise höchst willkommen, sie erfahren transparent auf welche Risikolage sie sich einlassen und können danach ihre Entscheidungen treffen. Nötig ist, und hier kommt gute Kommunikation ins Spiel, die Risikorechnung in einfache und klar verständliche Sprache zu fassen, andernfalls verfehlt sie ihre Wirkung.

 

Um das Gespräch fortzuführen:   

Dr. Christian Lawrence

E-Mail: [email protected]

Diana Görlich

E-Mail: [email protected]

 

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