Unverändert das Hauptproblem: Wie erhöhe ich die Kommunikationswirkung?
und andere KI-gestützte Tools müssen im Licht des Hauptproblems guter Unternehmenskommunikation betrachtet werden: der Frage der Wirkung. Bei der klassischen PR ist das die Anzahl der Artikel, einzelner Statements und deren Tonalität – in dem Medienset, national oder international, dass ich als für mein Unternehmen relevant definiert habe. Auf sozialen Plattformen wiederum definiert sich die Wirkung anhand der Reichweite und des Grads des Engagements, also der Likes, Retweets und so weiter.
Die enorme Beschleunigung der Medienberichterstattung, die Vielfalt der Titel, die laufende Aktualisierung der Online-Plattformen machen es schwieriger, innerhalb dieses Grundrauschens noch als eine Stimme wahrgenommen zu werden. Besonders deutlich wird das Problem auf digitalen Kanälen. „Meinungsführer“ für etwas sein zu wollen, ist ein Ziel, das heute noch viel komplizierter zu erreichen ist als früher.
Der Zusammenhang mit ChatGPT liegt auf der Hand. Die allermeisten klassisch aufgestellten Kommunikationsbereiche arbeiten zu langsam, um in der täglichen Flut von durchaus relevanten Nachrichten mehr oder weniger sofort Antworten zu liefern, aus denen sich dann Wirkung im oben definierten Sinn ergibt. Für ein erfolgreiches Agenda Surfing ist aber genau das nötig. Wer zum Beispiel als Versicherer eine Woche braucht, um zu einem spektakulären Schadenereignis Einordnungen zu geben, darf sich nicht wundern, wenn dieses in der Zwischenzeit von konkurrierenden Nachrichten „überholt“ wurde.
In der Autoindustrie wären das, analog angewendet, eine technische Innovation, eine politische Entscheidung zur Ladesäuleninfrastruktur oder zu CO2-Emissionen. Banken etwa äußern sich zu Leitzinsveränderungen, Pharmaunternehmen zu Neuigkeiten bei der Forschungsförderung. Die Liste der Beispiele, bei denen Unternehmen auf der „Welle“ mitschwimmen und schneller als andere eine Stellungnahme abgeben könnten, ließe sich beliebig verlängern.
Ein KI-Tool wie ChatGPT, das auf Knopfdruck aus intern verfügbaren Dokumenten, Schadenstatistiken, Fachberichten etc. eine Stellungnahme zusammenstellt, wäre Gold wert. Erste Produkte wie Imory (KI-gestützter Newsroom) scheinen dieses Thema aufzugreifen, indem sie das Sprachmodell von ChatGPT mit unternehmenseigenen Quellen „füttern“.
In der Kombination mit proprietärem Content kann auf diese Weise eine bis dahin unerreichte Relevanz erzeugt werden, die auch noch durch Vorschläge für eine themengenaue Bebilderung ergänzt wird. Wohlgemerkt nicht notwendigerweise besser, aber schneller. Und im Wettbewerb um Aufmerksamkeit kommt es, anders als früher, in erster Linie auf Schnelligkeit an.
Unverändert herausfordernd ist aber für viele Unternehmen, externe Ereignisse zu erkennen, aus denen sich Kommunikationschancen ergeben. Anders formuliert: Ich kann mit einer KI-Anwendung wie ChatGPT noch so schnell und brillant Content erzeugen, es nützt mir nichts, wenn ich nicht die Anlässe identifiziere, die ich zur eigenen Positionierung nutzen kann.
Bei internationalen Konzernen funktioniert das oft – aber auch nicht immer – im Heimatmarkt, wo in der Zentrale Kommunikationsprofis mit Gespür für relevante Themen sitzen. Aber was ist mit den Tochtergesellschaften, in denen es, wenn überhaupt, nur eine kleine Kommunikationsabteilung gibt, die sich auf reaktive Arbeit beschränkt? Und zwar auch dann, wenn der entsprechende Markt, sagen wir die USA, aus Geschäftsperspektive eigentlich viel größer und relevanter ist als der Heimatmarkt?
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich habe einen reibungslos funktionierenden horizontalen Austausch von Kommunikationsanlässen, unterstützt durch eine Governance der Kommunikation, die solches Verhalten fördert. Oder ich etabliere eine technisch basierte Lösung, die mir aus klassischen Medien und aus digitalen Plattformen die Geschehnisse herausfiltert, zu denen ich mich positionieren kann. Es gibt wohl auch schon Kombinationen von beidem.