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G-BA Unparteiische
Die heutige Sitzung markiert das Ende der aktuellen, sechsjährigen G-BA Sitzungsperiode. In diesem Zuge verabschiedete Prof. Josef Hecken seine unparteiische Kollegin Dr. Monika Lelgemann, die mit dem 30. Juni auf eigenen Wunsch von ihrem Amt ausscheidet. Außerdem scheiden Christian Zahn, erster Stellvertreter von Lelgemann, sowie Dr. Claus Vogel, zweiter Stellvertreter von Karin Maag, aus dem G-BA aus. Professor Hecken würdigte das Engagement und die Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen und bedankte sich ausdrücklich und sehr wertschätzend für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren.
Ab dem 1. Juli 2024 wird Dr. med. Bernhard van Treeck die Position des dritten unparteiischen Mitglieds, neben Karin Maag und dem unparteiischen Vorsitzenden, Prof. Josef Hecken, einnehmen. Die Position von Zahn als erster Stellvertreter von van Treeck wird künftig Jörg Niemann einnehmen – zuletzt Leiter Landesvertretung Niedersachsen des Verbandes der Ersatzkassen. Für Dr. Vogel rückt künftig Jörg Hermann, bis 2020 Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, auf die Position des zweiten Stellvertreters von Karin Maag.
Ausführliche Informationen und Statements finden Sie in der Pressemitteilung des G-BA.
Arzneimittel
Empagliflozin im neuen Anwendungsgebiet bei Typ-2-Diabetes: Zusatznutzen nicht belegt
Der Wirkstoff Empagliflozin [Handelsname: Jardiance®, Hersteller: Boehringer Ingelheim Pharma] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur Behandlung von nicht ausreichend behandeltem Typ-2-Diabetes mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung bei Erwachsenen und Kindern ab 10 Jahren als Monotherapie, wenn Metformin aufgrund einer Unverträglichkeit als ungeeignet erachtet wird, und zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von Diabetes.
Der Hersteller hatte zwar eine Head-to-Head-Studie vorgelegt, allerdings waren in dieser die Vorgaben zur zweckmäßigen Vergleichstherapie, insbesondere die Möglichkeit einer Therapieeskalation, nicht adäquat umgesetzt. Im Ergebnis lagen keine bewertungsrelevanten Daten vor mit der Konsequenz, dass der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt ansieht.
Palopegteriparatid bei Hypoparathyreoidismus: Zusatznutzen nicht belegt
Der Wirkstoff Palopegteriparatid [Handelsname: Yorvipath®, Hersteller: Ascendis Pharma Endocrinology] ist als Orphan Drug zugelassen zur Parathormon(PTH)-Ersatztherapie für die Behandlung von Erwachsenen mit chronischem Hypoparathyreoidismus, einer durch die Unterfunktion der Nebenschilddrüsen ausgelösten Erkrankung, die zu einem Kalziummangel führt. Trotz Orphan Drug-Status hat der G-BA auf Wunsch des Herstellers ein reguläres Nutzenbewertungsverfahren nach § 35a Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 SGB V durchgeführt.
Im Dossier hatte der Hersteller allerdings nur Studiendaten gegenüber Placebo, nicht aber im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie Parathormon vorgelegt. Ein Zusatznutzen konnte daher nicht abgeleitet werden.
Dass der Hersteller trotz Orphan-Drug-Status freiwillig auf das privilegierte Verfahren verzichtet hat, begründet sich vermutlich in der Erwartung, die 30-Millionen-Euro-Umsatzschwelle zu überschreiten. Dies scheint angesichts von Jahrestherapiekosten zwischen 132- bis 260-tausend Euro und einer GKV-Zielpopulation von bis zu 20.000 Patienten sehr plausibel. Auch die Jahrestherapiekosten der Vergleichstherapie Parathormon bewegen sich im Bereich von einhunderttausend Euro.
Avapritinib bei indolenter systemische Mastozytose: Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen
Der Wirkstoff Avapritinib [Handelsname: Ayvakyt®, Hersteller: Blueprint Medicines] ist als Orphan Drug in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit indolenter systemischer Mastozytose mit mittelschweren bis schweren Symptomen, bei denen mit einer symptomatischen Behandlung keine ausreichende Kontrolle der Erkrankung erzielt werden kann. In den patientenrelevanten Endpunkten zeigten sich insbesondere in den Kategorien patientenberichtete Krankheitssymptomatik und gesundheitsbezogene Lebensqualität Vorteile von Avapritinib. Diese betreffen unter anderem Vorteile bei der Haut-Symptomatik und den individuellen Leitsymptomen. Todesfälle traten in der Studie keine auf. Hinsichtlich der Nebenwirkungen zeigten sich weder Vor- noch Nachteile. In der Gesamtschau und auf Basis eines soliden Studiendesigns sieht der G-BA einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.
Dostarlimab bei Endometriumkarzinom: Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen
Der Wirkstoff Dostarlimab [Handelsname: Jemperli®, Hersteller: GlaxoSmithKline] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit primär fortgeschrittenem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom mit Mismatch-Reparatur-Defizienz/hoher Mikrosatelliteninstabilität, für die eine systemische Therapie infrage kommt. Das Endometriumkarzinom ist eine Krebserkrankung der Gebärmutterschleimhaut.
Für die Nutzenbewertung unterschied der G-BA zwischen Patientinnen mit einer primär fortgeschrittenen Erkrankung sowie Patientinnen mit rezidivierender Erkrankung. Für die erste Gruppe sieht der G-BA keinen Zusatznutzen. Es hatten sich in den Endpunktkategorien Mortalität, Morbidität und Nebenwirkungen keine relevanten Unterschiede zur Vergleichstherapie gezeigt. In der Kategorie der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zeigten sich zwar leichte Vorteile, diese würden für sich allein genommen aber noch keinen Zusatznutzen rechtfertigen, erläuterte Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.
Für die zweite Gruppe, Patientinnen mit rezidivierender Erkrankung, konnte hingegen ein deutlicher Vorteil im Endpunkt Gesamtüberleben gezeigt werden. Die mediane Überlebenszeit betrug 35 Monate im Interventionsarm verglichen mit 12 Monaten für die zweckmäßige Vergleichstherapie. Zusätzlich zeigten sich im Bereich Lebensqualität moderate Vorteile. Für die Kategorien Morbidität und Nebenwirkungen zeigten sich keine relevanten Unterschiede. Der deutliche Vorteil im Gesamtüberleben rechtfertigt für den G-BA angesichts der fortgeschrittenen Therapiesituation einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen – die höchstmögliche Bewertungskategorie.
Pembrolizumab im neuen Anwendungsgebiet bei HER-2-positivem Adenokarzinom: Zusatznutzen nicht belegt
Die Wirkstoff Pembrolizumab [Handelsname: Keytruda®, Hersteller: MSD Sharp & Dohme] ist in einem neuen Anwendungsgebiet zugelassen in Kombination mit Trastuzumab sowie einer Fluoropyrimidin- und Platin-basierten Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierenden HER2-positiven Adenokarzinoms des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs bei Erwachsenen mit PD-L1-exprimierenden Tumoren (CPS ≥ 1). Einen Zusatznutzen konnte der G-BA nicht ableiten. Im Gesamtüberleben zeigten sich keine relevanten Unterschiede zur Vergleichstherapie. Gleiches gilt für alle übrigen Endpunktkategorien.
Pembrolizumab im neuen Anwendungsgebiet bei HER-2-negativen Adenokarzinom: Zusatznutzen nicht belegt
Die Wirkstoff Pembrolizumab [Handelsname: Keytruda®, Hersteller: MSD Sharp & Dohme] ist in einem weiteren neuen Anwendungsgebiet zugelassen in Kombination mit einer Fluoropyrimidin- und Platinbasierten Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierenden HER2-negativen Adenokarzinoms des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs bei Erwachsenen mit PD-L1-exprimierenden Tumoren (CPS ≥ 1). Auch für dieses Anwendungsgebiet sieht der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. In diesem Fall zeigte sich zwar ein geringer Vorteil im Gesamtüberleben. Allerdings konnten die übrigen Endpunktkategorien nicht für die Bewertung berücksichtigt werden, da wesentliche Anforderungen an die Datenerhebung und -qualität nicht erfüllt waren. Der G-BA hatte auf zahlreiche inhaltliche Nachfragen im laufenden Verfahren keine Reaktion des Herstellers erhalten. Dies wäre Prof. Hecken zufolge jederzeit möglich gewesen und hätte die Bewertung durchaus noch beeinflussen können. Aufgrund der geringen Ausprägung des Vorteils im Gesamtüberleben und in Abwägung der zahlreichen Unklarheiten zu den übrigen Daten, sieht der G-BA einen Zusatznutzen nicht als gerechtfertigt an.
Pembrolizumab im neuen Anwendungsgebiet bei biliärem Karzinom: Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen
Pembrolizumab zum Dritten. Der Wirkstoff ist in einem weiteren neuen Anwendungsgebiet neu zugelassen in Kombination mit Gemcitabin und Cisplatin zur Erstlinienbehandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierenden biliären Karzinoms bei Erwachsenen. Biliäre Karzinome sind bösartige Tumor der Gallengänge und Gallenblase.
In diesem Anwendungsgebiet konnte ein geringer Vorteil im Endpunkt Gesamtüberleben gezeigt werden. Dem gegenüber stehen jedoch Nachteile bei verschiedenen Morbiditäts-bezogenen Endpunkten, zum Beispiel Fatigue und Gelbsucht. Für die Lebensqualität sowie Nebenwirkungen hatten sich weder Vor- noch Nachteile ergeben bzw. hoben sich Vor- und Nachteile gegenseitig auf. In der Gesamtschau und unter Berücksichtigung des Überlebensvorteils sieht der G-BA einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.
Umsatzschwelle überschritten – Polatuzumab Vedotin bei B-Zell-Lymphom: Zusatznutzen nicht belegt
Der Wirkstoff Polatuzumab Vedotin [Handelsname: Polivy®, Hersteller: Roche Pharma] ist als Orphan Drug zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit rezidivierendem oder refraktärem diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom, die nicht für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation in Frage kommen. In einem weiteren Anwendungsgebiet ist Polatuzumab Vedotin zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit bisher unbehandeltem diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom in Kombination mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison. Es handelt sich in beiden Fällen um eine erneute Nutzenbewertung im regulären Verfahren aufgrund des Überschreitens der 30-Millionen-Euro-Umsatzschwelle.
Für das erste Bewertungsverfahren, vorbehandelte Patienten mit Rezidiv/refraktärem B-Zell-Lymphom, sieht der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an, da die eingereichten Daten einen Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht ermöglicht hatten.
Für das zweite Bewertungsverfahren, unbehandelte Patienten, kann der G-BA ebenfalls keinen Zusatznutzen ableiten. In diesem Fall basiert die Entscheidung allerdings auf relevanten Daten. Im Endpunkt Gesamtüberleben zeigten sich keine Unterschiede. Ein geringer positiver Effekt zum Vorteil von Polatuzumab Vedotin war zwar im Endpunkt Scheitern des kurativen Ansprechens erkennbar. Jedoch spiegelte sich dieser Effekt nicht in einer veränderten Ereignisrate wider. Im Bereich der Symptomatik zeigte sich zudem ein Nachteil im Endpunkt Schmerz. Allen übrigen Daten wiesen weder Vor- noch Nachteile auf. In der Gesamtschau rechtfertigen die geringen positiven Effekte aus Sicht des G-BA jedoch keinen Beleg für einen insgesamten Zusatznutzen.
Beschluss / Tragende Gründe (rezidivierendes/refraktäres B-Zell-Lymphom)
Beschluss / Tragende Gründe (unbehandeltes B-Zell-Lymphom)
Verschiedenes
Zwei Jahre Verlängerung der Befristung für Atidarsagen autotemcel/OTL-200
Der G-BA hat die Befristung zur Nutzenbewertung für die Gentherapie mit dem Wirkstoff Atidarsagen autotemcel/OTL-200 [Handelsname: Libmeldy®, Hesteller: Orchard Therapeutics], zugelassen zur Behandlung der metachromatischen Leukodystrophie (MLD), um zwei Jahre auf den 1. Juli 2026 verlängert. Hintergrund der Befristung sind seitens der EMA nachgeforderte Daten zur Wirksamkeit, Sicherheit und nachhaltigen Effekten der Therapie.
Aktualisierung der Anforderungen an die Qualität der Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien
In der ATMP-QS-RL legt der G-BA indikationsbezogen oder bezogen auf Arzneimittelgruppen qualitätssichernde Mindestanforderungen fest, um eine hochwertige und möglichst komplikationsfreie Behandlung mit Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) sicherzustellen
Bezüglich der bisherigen Erfahrung in der Zelltherapie und in Übereinstimmung mit dem Paul-Ehrlich-Institut hat der G-BA die Richtlinie nun aktualisiert.
Im Kontext der ATMP-QS-RL hat der G-BA zudem in der Erstfassung der Anlage V die konkreten Anforderungen an eine Therapie mit dem neuen gentherapeutischen Wirkstoff Eladocagene exuparvovec zur Behandlung bei Aromatische-L-AminosäureDecarboxylase-(AADC)-Mangel festgelegt.
Aktualisierung von Festbetragsgruppen
Der G-BA hat die Festbetragsgruppe Kombinationen von Angiotensin-II-Antagonisten mit Calciumkanalblockern und Hydrochlorothiazid, Gruppe 1, Stufe 3 aktualisiert. Die Aktualisierung betrifft die Eingruppierung einer neuen Wirkstoffkombination.
Methodenbewertung
Aktualisierung zum Krebsscreening bei Darm- und Gebärmutterhalskrebs
Auf Basis von Empfehlungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat der G-BA in der Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL) Dokumentationsparameter ergänzt und angepasst. Die oKFE-RL bestimmt das Nähere über die Durchführung von organisierten Krebsfrüherkennungsprogrammen auf Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs. Wesentliche Strukturelemente der Programme sind eine regelmäßige Einladung, verbunden mit begleitenden Informationen für die Versicherten über die jeweilige Untersuchung, über den Datenschutz, über Widerspruchsrechte sowie über die Durchführung der Untersuchung und über die Programmbeurteilung.
Bedarfsplanung
Notfallstrukturen in Krankenhäusern: IQTIG und IQWiG sollen aktuelle Regelungen evaluieren
Seit mehreren Jahren gilt ein vom G-BA entwickeltes gestuftes System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern. Für jede Stufe hat der G-BA strukturelle und personelle Anforderungen definiert. Sie sind die Grundlage für die Vereinbarung von gestaffelten Zuschlägen sowie für Abschläge bei Nichtbeteiligung an der Notfallversorgung, die zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern vereinbart werden. Der G-BA hat heute routinemäßig die Evaluation der aktuellen Regelungen beauftragt und dabei Teilaufträge sowohl an das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) als auch an das IQWiG festgelegt.
In eigener Sache
Was sind die gesundheitlichen Prioritäten der europäischen Bürger für die neue EU-Wahlperiode?
Im Vorfeld der Europawahlen hat Brunswick eine Umfrage unter 2.000 Menschen in Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien zu ihren Erwartungen an die gesundheitspolitischen Prioritäten der EU sowie den zukünftigen Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medizin und in der gesundheitlichen Versorgung durchgeführt. Um mehr über die Ergebnisse der Umfrage und die wichtigsten Schlussfolgerungen für Unternehmen zu erfahren, schauen Sie gerne hier auf unserer Website.
Ihre Ansprechpartner Nina Jungcurt und Sascha Müller.