COP 27 – Erfolg oder Niederlage? | Brunswick Group

COP 27 – Erfolg oder Niederlage?

Klimaschutz als Chance für Unternehmen

Unsere Kolleginnen Nathalie Bockelt und Nina Jungcurt diskutieren, inwieweit sich der COP 27 ein positives Fazit abgewinnen lässt. Auch wenn die Beschlüsse nicht wie erhofft ausfielen, so gebe es auch gute Nachrichten. 

Der vollständige Bericht hier zum Download. 

 

COP 27 - Erfolg oder Niederlage?

„Wer nichts erwartet, wird nie enttäuscht“ ist ein bekannter Aphorismus, der perfekt auf die diesjährige UN-Klimakonferenz (COP 27) im ägyptischen Scharm El-Scheich passt. Obwohl noch nie so viel auf dem Spiel stand wie in diesem Jahr, hatten die Verhandler im Vorhinein nur auf das Erreichen einiger Minimalziele gehofft. Die Weltgemeinschaft schlittert bereits jetzt auf ein Verfehlen des 1,5 Grad-Ziels zu, das im Jahr 2015 in Paris vereinbart wurde. Gleichzeitig sind viele Staaten gerade eher damit befasst, die wirtschaftlichen Auswirkungen neuer geopolitischer Konflikte auf die eigene Bevölkerung abzumildern, als sich um den Klimawandel zu kümmern.

Vor diesem Hintergrund ist es positiv, dass sich die beteiligten Staaten nach zähen Verhandlungen doch noch auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt haben. Das Risiko, vollständig zu scheitern, wuchs im Laufe der Konferenz – nicht zuletzt, weil Beschlüsse immer noch einstimmig gefasst werden müssen. Die Erklärung ist bei aller Kritik dennoch als Hoffnungssignal zu betrachten. Der beschlossene Ausgleichsfonds für Klimaschäden für ärmere Länder ist ein historischer und längst überfälliger Schritt, auch wenn sein Erfolg stark von der genauen Ausgestaltung abhängen wird. Das 1,5 Grad-Ziel wurde zumindest bestätigt, die Notwendigkeit der „sofortigen und nachhaltigen“ Senkung der Treibhausgasemissionen anerkannt.

Doch ein Fahrplan, wie die Welt sich vollständig aus der Abhängigkeit von fossilen Energien befreit, ist noch immer nicht in Sicht. Die Gründe dafür sind vielfältig, Anlass zur Hoffnung bieten sie nur bedingt. Mit dem jetzigen Beschluss „kommt die Welt in die Klimahölle“, konstatierte UN-Generalsekretär António Guterres.

Lässt sich der COP 27 dennoch ein positives Fazit abgewinnen oder müssen wir, frei nach Dante, „alle Hoffnung fahren lassen“? Und was können Unternehmen jetzt tun?

 

„Lasst alle Hoffnung fahren“

Die wissenschaftliche Lage ist eindeutig: Das Zeitfenster, in dem die Menschheit den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur noch auf 1,5°C begrenzen kann, schließt sich. Der einzige Weg dorthin führt über die drastische Senkung von CO2-Emissionen. Die Vertragsstaaten hätten in Scharm El-Scheich die Chance gehabt, dieses Ziel nicht nur zu bekräftigen, sondern auch entsprechende konkrete Maßnahmen abzustimmen. Stattdessen haben sie den globalen Ablasshandel ausgeweitet. 1997 hat die COP mit dem Kyoto-Protokoll den Emissionsrechtehandel als Instrument zur Senkung des CO2-Ausstoßes etabliert. Die EU hat dieses Instrument 2005 in einen rechtlich verbindlichen Rahmen gegossen. Eigentlich eine gute Idee, sollte es doch ökonomische Anreize setzen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Passiert ist seitdem: nichts, abgesehen von einer Steigerung der CO2-Emissionen.

Nun haben die Vertragsstaaten wieder eine Chance vertan, den dringend benötigten Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energien zu entwickeln. Funding arrangements for responding to loss and damage associated with the adverse effects of climate change, including a focus on addressing loss and damage sollen es stattdessen richten. Im Klartext: Gut, bezahlen wir wenigstens für die Schäden, die durch den Klimawandel entstehen. Langfristig wird der Ausgleichsfonds mehr Schaden anrichten als nutzen. Denn er stützt die alte Denkweise, dass sich das Klimaproblem mit Geld lösen lässt. Irgendwann wird uns jedoch das Geld ausgehen. Und ohne eine drastische Senkung der CO2-Emissionen steigen die Kosten zur Bewältigung der Klimakrise sehr schnell ins Unermessliche.

 

Mit Optimismus zum Erfolg

Erdbeben, Dürren, Flutkatastrophen - die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels machen sich in allen Regionen der Welt immer stärker bemerkbar. Es sind dabei oft die ärmeren Länder, die überproportional betroffen sind, obwohl ihre jährlichen CO2-Emissionen nur einen Bruchteil der Weltbilanz ausmachen. Die Einigung auf einen Ausgleichsfonds zur finanziellen Bewältigung von Klimaschäden (loss and damage) ist nach jahrzehntelangem Ringen deshalb nicht weniger als ein kleines Wunder. Endlich ist dieser erste Schritt getan auf dem Weg zu mehr Klimagerechtigkeit, auch wenn der Teufel wie immer im Detail stecken wird. Parallel dazu hatte eine Arbeitsgruppe mit G7- und Weltbank-Beteiligung angekündigt, dass von Naturkatastrophen betroffene Länder in Zukunft einen zweijährigen Zahlungsaufschub für ihre Schulden erhalten. Zwei wichtige Beschlüsse, auf denen es nun aufzubauen gilt.

Im Energiebereich gab es ebenfalls nicht nur schlechte Nachrichten, beispielsweise sind 50 weitere Staaten dem Global Methane Pledge beigetreten. Damit haben sich nun mehr als 150 Unterzeichner dazu verpflichtet, die Emissionen des klimaschädlichsten Gases in diesem Jahrzehnt um 30 Prozent zu senken. Neue Partnerschaften unterstützen zudem weitere Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Dekarbonisierung: Allein Indonesien soll 20 Milliarden US-Dollar von einer Allianz einkommensstarker Länder und Banken erhalten, um den Ausstieg aus der Kohle zu schaffen.

Natürlich hätte man sich mehr Ambition gewünscht. Doch auch wenn der COP 27-Beschluss berechtigterweise hinter viele Erwartungen zurückfällt, sollten wir im Dickicht der Kritik die erreichten Fortschritte nicht aus den Augen verlieren. Es ist an uns allen, diese nun mit Leben zu füllen.

 

Chancen für Unternehmen

Wie auch immer man sie bewerten mag: Die Ergebnisse der COP 27 bieten große Chancen für Unternehmen. Die öffentliche Klima-Debatte dreht sich längst nicht mehr um das „ob“ von Klimaschutzmaßnahmen, sondern um das „was“, „wie“, und vor allem: „wie schnell“. Das wiederholte Bekenntnis zum 1,5°C-Ziel einerseits und das regulatorische Vakuum andererseits, das die beteiligten Staaten nun geschaffen haben, öffnet für Unternehmen Spielräume. Noch stärker als bisher können sie nun als Pioniere im Klimaschutz vorangehen und die Zukunft gestalten.

Das Geschäftsmodell vieler Firmen ist von den Folgen des Klimawandels betroffen. Für sie ist es eine Frage des geschäftlichen Überlebens, den Wandel hin zu einer fossil-free world zügig mitzugestalten. Erst recht gilt das für börsennotierte Unternehmen. Bereits seit einigen Jahren sind institutionelle Anleger ebenso wie Kleinanleger für ESG-Ziele sensibilisiert. Sie treffen ihre Anlageentscheidungen zunehmend auch nach ESG-Kriterien und fragen vor einer Investitionsentscheidung nach: Was tut dieses Unternehmen, um den Planeten zu retten? Die Integrität solcher Maßnahmen – und damit des Unternehmens an sich – wird dabei in Zukunft kritischer denn je zuvor bewertet werden, Greenwashing ist keine Option. Manager sind darauf angewiesen, klare Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen und ihre Fortschritte in immer kürzer werdenden Abständen nachzuweisen. Sonst drohen shareholder acitivism und der Abzug von Kapital.  

Regulatorisch gibt es umfassende Möglichkeiten für Unternehmen, mit guten Ideen den Wandel voranzutreiben. Sie müssen nicht abwarten, um sich für die Rettung des Planeten einzusetzen. Sie können durch ihre Entscheidungen aktiv Klimaschutz betreiben und den Ausstieg aus fossilen Energien ganz unmittelbar voranbringen. Dafür brauchen sie kein Allheilmittel, im Gegenteil: Je früher eine gute Idee – etwa in Form einer vielversprechenden Technologie – umgesetzt wird, umso schneller kommt der Ball ins Rollen und ermutigt andere Akteure, sich ebenfalls zu engagieren. Dabei stehen Unternehmen keineswegs im Wettstreit mit der Politik, sondern gehen als leuchtende Beispiele voran. Das Vertrauen ihrer Kunden ist ihnen damit sicher. Vor allem dann, wenn gute Kommunikation die Ideen und Entscheidungen des Unternehmens in einfache und klare Worte fasst. So werden sie für alle Anspruchsgruppen nachvollziehbar – intern wie extern.

Um das Gespräch fortzuführen:

Nathalie Bockelt, Account Director, Brunswick Group, [email protected]

Nina Jungcurt, Director, Brunswick Group, [email protected]

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